LG Stuttgart: Postwerbung auch an Neukunden zulässig

Während im B2C-Bereich digitale Werbeformen wie Newsletter oder Suchmaschinenmarketing die Briefwerbung immer mehr verdrängen, spielt diese gerade bei der Neukundengewinnung im B2B-Bereich eine unverändert wichtige und effektive Rolle. Anders als bei Postwurfsendungen sind bei adressierter Briefwerbung auch die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Das Landgericht Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil vom 25.02.2022 (Az. 17 O 807/21) festgehalten, dass der Datenschutz der Briefwerbung in der Regel nicht im Weg steht.

Exkurs: Zunächst sind auch bei der Postwerbung die wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen des § 7 UWG zu berücksichtigen, der die sogenannten “unzumutbaren Belästigungen” regelt. Anders als beispielsweise für E-Mail-Werbung, die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG in der Regel nur mit vorheriger Einwilligung des Empfängers zulässig ist, sind die Rahmenbedingungen der Postwerbung sehr viel lockerer. § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG stellt klar, dass nur eine solche Postwerbung eine unzumutbare Belästigung darstellt, durch die “ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht”. Für Werbung an Unternehmer enthält die Vorschrift gar keine Einschränkungen.

Wird die Briefwerbung an bestimmte Personen adressiert (anders als bei Postwurfsendungen), sind zusätzlich die Vorgaben des Datenschutzrechts, insbesondere der DSGVO zu berücksichtigen. Danach ist die Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken nur zulässig, wenn eine Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO eingreift.

Das LG Stuttgart hält in dem genannten Urteil fest, dass sich ein Unternehmen, das adressierte Briefwerbung verschickt, in der Regel auf die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berufen kann. Danach ist die Verarbeitung zulässig, wenn sie “zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich” ist und “sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen”.

Berechtigtes Interesse

Das Gericht führt aus, dass es sich bei Briefwerbung um ein solches “berechtigtes Interesse” des werbenden Unternehmens handele. Dies gelte nicht nur für Werbung an Bestandskunden, sondern auch an Neukunden. Das Unternehmen habe im Verfahren „dargelegt, dass Werbebriefe wie der vorliegende ein notwendiges Mittel sind, um einerseits Bestandskunden zu pflegen, andererseits aber auch – wie hier – Neukunden zu gewinnen“. Hierbei beruft sich das Landgericht auch auf Erwägungsgrund 47 zur DSGVO, wonach “die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung (…) als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden” kann.

Interessenabwägung

Die Interessen der betroffenen Person (also des Empfängers) würden diese berechtigten Interessen des werbenden Unternehmens jedenfalls nicht überwiegen. Das Gericht hält insbesondere fest, dass bei gleichwertigen Interessen (sogenanntes “non liquet”) eine Verarbeitung und Nutzung der Daten erfolgen darf.

Achtung bei Werbewiderspruch

Wichtig: Betroffene Personen können der Nutzung ihrer Daten zu Zwecken der Direktwerbung gemäß Art. 21 Abs. 2 DSGVO jederzeit widersprechen. Ein solcher Werbewiderspruch sollte zwingend und lückenlos berücksichtigt werden. Hierfür sollte eine Sperrliste / Blacklist angelegt werden. Das LG Stuttgart stellt im genannten Urteil auch klar, dass die Speicherung personenbezogener Daten auf einer Sperrliste gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO zulässig ist, da sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht (der Berücksichtigung eines Werbewiderspruchs) erforderlich ist. Die betroffene Person hat also keinen Anspruch auf Löschung ihrer Daten von der Sperrliste gemäß Art. 17 DSGVO.

Fazit

Das Landgericht Stuttgart stärkt mit seinem Urteil die Briefwerbung aus zwei Gesichtspunkten. Erstens ist diese in der Regel ohne Einwilligung des Empfängers zulässig. Zweitens gilt dies nicht nur gegenüber Bestands-, sondern auch gegenüber Neukunden. Zudem stellt das Gericht klar, dass auch nach den Vorgaben der DSGVO das Führen einer Blacklist zulässig ist.

Photo by Yannik Mika on Unsplash

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