OLG Köln: Entwarnung für Fotografen – Kunsturhebergesetz findet auch nach Inkrafttreten der DSGVO Anwendung

Das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat in der Branche der Fotografen zu großer Verunsicherung geführt. Vor allem die Frage, ob für die Veröffentlichung von Fotografien weiterhin die bisherigen Regelungen des nationalen Rechts Anwendung finden, oder dies nunmehr an weitere Voraussetzungen geknüpft ist, stand dabei im Mittelpunkt. Das OLG Köln hat unlängst eine klärende Entscheidung gefällt – zugunsten der Fotografen.

Gem. § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Als Ausnahmen von diesem Grundsatz nennt § 23 Abs. 1 KUG spezielle Bildnisse, deren Veröffentlichung keiner besonderen Einwilligung bedürfen. Dies umfasst beispielsweise Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, solche auf denen Personen nur als Beiwerk zu sehen sind oder Bilder von Versammlungen und ähnlichen Vorgängen, an denen abgelichtete Personen teilgenommen haben.

Mit dem Inkrafttreten der DSGVO wurde der Verarbeitung personenbezogener Daten und dem freien Verkehr mit solchen Daten erhebliche Grenzen gesetzt. Fotografien, welche als personenbezogene Daten unter den Anwendungsbereich der DSGVO fallen, sind insofern von den datenschutzrechtlichen Einschränkungen betroffen. Es stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit die Ausnahmeregelung des nationalen Rechts noch Bestand hat.

Die Folgen, die ein Vorrang der Regelungen des neuen Datenschutzrechtes vor allem für den Beruf des Fotografen hätte, wären erheblich. Plastisch wird dies etwa an dem Beispiel einer Landschaftsaufnahme, auf der Passanten oder sonstige Personen zu sehen sind. Eine Veröffentlichung dieser Aufnahme war bisher gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG einwilligungsfrei. Sollte die Ausnahmeregel des § 23 KUG keine Anwendung mehr finden, bedürfte es für eine Veröffentlichung nun entweder einer Einwilligung der betroffenen Personen oder einer anderen Rechtsgrundlage.

Unsicherheit herrschte also vor allem dahingehend, ob solche – bisher ohne Einwilligung zu verbreitende – Aufnahmen vor diesem Hintergrund überhaupt noch ohne weiteres veröffentlicht werden dürfen.

Das OLG Köln hatte sich in seinem Urteil vom 18.06.2018 (Az.: 15 W 27/18) mit dieser Frage der Anwendbarkeit zu befassen.

Es nahm dabei an, dass im konkreten Fall Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs.1 Nr. 1 KUG in Rede stehen. In der Folge kam es zu dem Ergebnis, dass die Vorschriften des KUG zutreffend angewandt worden waren und somit kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG besteht. Eine Berufung auf die DSGVO sah es hierbei als nicht erfolgreich an.

Begründet wird dies damit, dass Artikel 85 DSGVO nationale Gesetze mit Abweichungen von der DSGVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken erlaubt. Von dieser Öffnungsklausel sollen nicht nur neue Gesetze, sondern auch bestehende Regelungen umfasst werden.

Der Senat stellt insofern fest:

Art 85 Abs. 2 DSGVO macht im Kern keine materiell-rechtlichen Vorgaben, sondern stellt nur auf die Erforderlichkeit zur Herbeiführung der praktischen Konkordanz zwischen Datenschutz einerseits und Äußerungs- und Kommunikationsfreiheit andererseits ab.“

Auch der Normzweck des Art. 85 DSGVO, nämlich die Vermeidung eines Verstoßes der DSGVO gegen die Meinungs- und Medienfreiheit, wird hier zur Begründung angeführt.

Insbesondere ist das OLG der Meinung, dass vor dem Hintergrund, dass Datenschutzregelungen ein Art Vorfeldschutz darstellen, sie als solche letztlich immer die journalistische Arbeit beeinträchtigen. Somit seien hier auch keine strengen Maßstäbe anzulegen.

Daneben ist nach Auffassung des OLG auch die Berücksichtigung widerstreitender Grundrechtspositionen weiterhin gesichert. Zum einen kann dies im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB, zum anderen auch bei §§ 22, 23 KUG gewährleistet werden. Vor allem die umfangreichen Abwägungsmöglichkeiten im Rahmen des KUG erlauben dann auch eine Berücksichtigung von unionsrechtlichen Grundrechtspositionen.

Zusammenfassend ist somit einem Vorrang der DSGVO vor den Ausnahmetatbeständen des KUG – zumindest hinsichtlich des Veröffentlichens von Bildnissen – hier eine Absage erteilt worden.